Montag, 12. September 2016

Post-hoc

Es. Ist. Vorbei.
Also - mein Studentenleben.

Am 2.9. gab ich gegen 9.30 Uhr meine 117 Seiten dicke Masterarbeit auf dem Prüfungsamt ab. Und statt metaphorischem Glockengebimmel gab es jede Menge Geheule von meiner Seite und das nicht vor Glück, sondern weil ich auch mein Nebenfach eintüten wollte, dazu eine kleine Formalität fehlte und ich mit dem entsprechendem Lehrstuhl die Erfahrung gemacht hatte, dass man auf einen Schein mal gut ein Vierteljahr wartet - und, weil mein Sohn aus organisatorischen Gründen für eine Übergangszeit in einen anderen Hort am Gluteus Maximus der Welt verfrachtet wurde (obwohl im Ersatzhort über die Straße gleich drei Plätze unbelegt waren!) und die Hortleitung meine tausend guten Gründe, warum das für uns mega-besch***** ist, mit dem Argument, es sei doch eine Entwicklungsmöglichkeit für meinen Sohn wegargumentiert hat - am Telefon, während ich an der Uni meinem Schein hinterherrannte und nur noch ins Telefon gebellt habe, dass mein Sohn keine Entwicklungsmöglichkeiten braucht, sondern einfach mal ein wenig Konstanz und weniger Hort-Zeit, was unter den Umständen für mich nur schwer zu machen ist. (Und ich habe diesen langen Satz so lange stehen lassen, weil sich die Flut an blöden Neuigkeiten an diesem Tag genau so angefühlt hat, wie ein Schlangensatz, der gnadenlos auf mich einprasselte.)

Vor 12 Uhr mittags hatte ich also am 2.9. zweimal geheult. Was ich danach machte, weiß ich gar nicht mehr - am Tag danach stieg ich um 8 Uhr in den Zug nach München und flog von dort aus nach Pisa, wo ich zum ersten Mal nach 7 Jahren zum ersten Mal richtig Urlaub machte. Als ich aus dem Flieger ausstieg und mich die heiße, trockene Luft mit voller Wucht traf, heulte ich gleich wieder fast los - vor Glück und Erleichterung und ausnahmsweise mal nicht aus Angst, was eigentlich danach alles kommt...

Die Woche Urlaub hat mir gut getan. Das letzte halbe Jahr (okay - die letzten anderthalb Jahre...) war/-en einfach verrückt, anstrengend, erschöpfend, aufwühlend, aufregend und auch ein bisschen beängstigend. Ich saß so viele Stunden an meinem pseudo-Schreibtisch (ein Esstisch mit vier Holzstühlen) und habe mir mit meiner beknackten Sitzhaltung vor allem mein Knie hergerichtet, da ich meinen Fuß immer ganz verdreht auf einem Querbalken im Stuhl geparkt hatte. Ich kam tagelang - außer zu meinem Job - gar nicht vor die Tür. Die letzten Wochen habe ich nur Fast Food gegessen und dabei vielleicht nicht unbedingt 10, aber so ca. 9.9 kg zugenommen, vermute ich.

In der Woche Urlaub habe ich dann fast 70 km zu Fuß zurückgelegt, ca. 20 Kugeln Gelato und drei Pizzen gegessen, einige Nächte 9-10 Stunden geschlafen, ein Buch gelesen und war - entgegen meiner Gewohnheiten - sogar einen Tag am und *im* Meer, mit meinem Sohn, und wir sind geschwommen und haben so richtig im Sand herumgematscht. Ich habe mich in den kleinen Gassen von Pisa herumgedrückt, Häuserfassaden mit abgeplatzer Farbe, Grafittis und anderer "Dekoration", vor Fenstern hängende Wäsche, umgekippte Fahrräder, andere Touristen, die sich für ihre Urlaubsfotos aufs Skurrilste vor dem schiefen Turm verrenkten und kleine Geschäfte fotografiert und mein rudimentäres Italienisch an Eisverkäufern und Buchladenbesitzern ausprobiert.

Gleichzeitig veruchte ich zu verdrängen, dass ich keinen Plan hatte, wie es ab November mit mir weitergeht, da meine klitzekleine Mini-Stelle bis zum 31.10. befristet ist - bzw. war, denn heute habe ich erfahren, dass ich nochmal ein Jahr dranhängen darf. Und wenn alles gut geht, darf ich ab Frühjahr so "richtig" forschen - in meinem eigentlichen Themenschwerpunkt, bezahlt, und nicht nur klitzeklein. Hoffentlich. Um das zu erreichen, habe ich mich bereits während ich meine Masterarbeit schrieb, parallel dazu mit einem komplett anderen Thema beschäftigt und ich muss sagen, dass das gar nicht so einfach ist und kognitiv wirklich wahnsinnig anstrengend.

Zudem war mein Privatleben im letzten halben Jahr alles andere als erfreulich und die eine oder andere Niederlage/Enttäuschung/Ernüchterung musste verdaut werden, vor allem, weil nicht ich allein die Leidtragende, sondern auch mein Sohn ziemlich mitgenommen war und auch nach wie vor daran zu knabbern hat.

Meine Masterarbeit ist nun bei meiner Betreuerin zur Korrektur. Auf die Note bin ich schon sehr gespannt; momentan ist mein Schnitt eigentlich sehr ordentlich und ich denke, das wird auch so bleiben. Für die Arbeit selbst habe ich nur einen Bruchteil der Daten, die ich erhoben habe, ausgewertet und sitze nun auf einem richtigen "Schatz" weiterer Daten, mit denen ich noch viel anstellen kann, wenn ich Zeit dazu finde. Ich habe von mehreren Seiten gehört, dass ich meine Ergebnisse unbedingt veröffentlichen soll und wenn ich weiß, wie meine Betreuerin die Arbeit findet, werde ich darüber nachdenken. Das Ganze in den Schubladen versanden zu lassen wäre extrem schade, vor allem, weil ich im Grunde alle Hypothesen bestätigen konnte und da, wo die Ergebnisse anders ausfielen als erwartet, doch ein paar interessante Schlussfolgerungen gezogen werden können.

Meine Ergebnisse werde ich auch hier im Blog zusammenfassen und danach auch vier der fünf versprochenen Gutscheine verlosen - einen habe ich meiner allerersten Studienteilnehmerin zukommen lassen. Weihnachten wird ein guter Zeitpunkt sein, vier Müttern eine kleine Freude zu machen.

Und dann hat der Blog auch seinen Zweck erfüllt und Mama ist Master.

Mittwoch, 13. Juli 2016

Survival Trip

Der letzte Monat läuft an. Und diesmal ist es wirklich der letzte! Vor etwa einem halben Jahr schrieb ich ein Posting über die minutiöse Planung in Phasen, die von extremer Überlastung geprägt sind - damals wusste ich noch nicht, dass meine Arbeit viel länger dauern würde als geplant. Das halbe Jahr mehr hat mich tatsächlich gerettet und trotzdem wird es zum Ende hin einfach eng. Und - wie könnte es anders sein - gerade nun funken mir noch andere Aufgaben dazwischen, die mich für eine komplette Woche lahm legen, was das Ganze zunehmend ungemütlich macht. Und dann ist da ja noch der Job, in den ich mich zugegebenermaßen ziemlich hineinknie und in dem einfach genau so viel Herzblut drinsteckt, wie in meinem Alleinerziehendenprojekt.

Wie wichtig letzteres ist, wird mir tagtäglich klar, wenn ich in den sozialen Medien diverse Beiträge von den beiden von mir sehr geschätzten und sehr engagierten Frauen - Alexandra Widmer, die gerade ihr (mit Sicherheit absolut lesenswertes - ich freue mich extrem darauf!)  Buch auf den Markt gebracht hat und Christine Finke, die ebenfalls vor recht kurzer Zeit veröffentlich hat - lese. Beide sind auch immer wieder in den Medien vertreten wie heute erst - Christine Finke war auf Deutschlandradio Kultur zu hören, was auch noch einer meiner erklärten Lieblingssender ist. Ganz zu schweigen von der hochaktuellen Bertelsmannstudie. Aber auch der vereinbarkeitsblog oder "Mutterseelenalleinerziehend" und nicht zuletzt Rona Duwe (alle sind hier im Blog verlinkt) - alle schrei(b)en hinaus, wie sehr es bei "uns" an allen Ecken und Enden brennt.

Oh ja, und bei mir brennt es gerade ganz besonders. Ich merke, wie mein Nervenkostüm gerade äußerst dünn ist und fahre viel schneller aus der Haut, als sonst. Mit meiner Mutter hat es öfters mal gewaltig gekracht und auch mein Sohn merkt, dass Mamas Zündschnur gerade etwas verkürzt ist.

Umso wichtiger, immer wieder mal da, wo es geht, etwas für die Seele einzubauen, auch, wenn es schwer ist. Es darf halt keine Zeit kosten. Aber dann kommen Tage, die mich in die Erschöpfung treiben und das hat meist Gründe, die mit der Studie wenig zu tun haben. Die erwähnten Streitereien mit meiner Mutter, die aber gleichzeitig die einzige ist, auf die ich immer zählen kann, wenn es darum geht, sich mit mir um meinen Sohn zu kümmern. Ärgernisse, die den Vater betreffen, der wirklich ein ganz feiner Mensch ist und den ich nach wie vor nie böse sein könnte, der es  aber einfach nicht auf die Reihe bekommt, mir mit ein wenig Vorlaufzeit mitzuteilen, wann er den Jungen nimmt - erst recht die Ferien betreffend - und folglich, dass ich eine teure Ferienbetreuung buchen muss, um dann am 10. Juli die Umgangstermine für Juli (!) zu erfahren und auf mein Drängen hin dann auch, auf welche Augustwochen der Urlaub nun verlegt wurde... Für mich ein Graus, denn ich muss meine Planung - gerade, wenn die Arbeit am 15.8. ins Korrektorat gehen soll - viel früher machen! Tja, an dem Tag war ich dann also dank der neuen Informationen drei (!) Stunden damit beschäftigt, mit Papa und Oma die Betreuungszeiten zu planen. Muss ich erklären, was das mit meinem dünnen Nervenkostüm anrichtet?

Zusätzlich mache ich mir Gedanken um meinen Sohn, der sehr sensibel ist und meine Anspannung natürlich spürt. Aber noch mehr regt mich der Anruf seiner Lehrerin auf, weil er nicht alle (der acht Seiten!) Hausaufgaben gemacht hat. Sie sei ihm persönlich nachgelaufen, weil etwas im Heft gefehlt habe, und er habe es am nächsten Tag nicht erledigt - das habe sie enttäuscht. - Das Telefonat dauerte eine halbe Stunde. Am nächsten Tag schrieb ich einen Brief an sie, dass ich beschlossen hätte, dass der Junge nun nichts mehr machen müsse, was über eine halbe Stunde Arbeit hinausgehe. Habe ich beschlossen - Tipp einer Mama aus der Parallelklasse. Meinem Sohn mache ich vor den Ferien keinen Druck mehr!

Ganz nebenher laufen im Job diverse Baustellen, die vor allem damit zu tun haben, dass meine Stelle in dem laufenden Projekt bis Ende Oktober befristet ist und ich gerne dran bleiben würde, bis klar ist, ob ein großes Projekt, in dem ich promovieren könnte, finanziert wird. Es stand ein langer Termin an - für mich sehr wichtig, sehr offiziell - und ich totales Frischfleisch. Plötzlich sitze ich an einem großen Tisch mit Menschen aus einer Liga, die mir völlig neu ist. Und auch wenn ich nicht gerade schüchtern bin - im Gegenteil - fühle ich mich bei jedem Wort, das aus mir heraussprudelt, völlig unsicher. Nach drei Stunden war ich dann völlig erschöpft, aber scheinbar war mein Beitrag nicht schlecht - ich habe am Montag als allererstes gefragt, ob ich in ein Fettnäpfchen gesprungen bin - kam die Rückmeldung, was ich gesagt habe, sei völlig in Ordnung gewesen. Nun gut. Immerhin.

Ab Dienstag habe ich dann anderthalb Wochen "Urlaub" und knie mich in meine Masterarbeit, die dann hoffentlich bald fertig ist. Bis dahin werden alle Haushaltsaktivitäten inklusive Kochen bis auf ein Minimum reduziert. Ich habe vor der Tür drei türkische, drei asiatische und einen arabischen Takeaway, einen Griechen, zwei Pizzadienste - ganz zu schweigen davon, dass ich diese online-Lieferdienste schon immer mal testen wollte. Wenn ich nachts aufwache und nicht schlafen kann, stehe ich umgehend auf und sitze notfalls um 3.15 Uhr schon an der Arbeit, um abends mit Söhnchen ins Bett zu plumpsen. Der wiederum belagert mich nachts fast rund um die Uhr, was mir zeigt, dass er echten Nachholbedarf hat und eine Strategie, sich zu holen, was er braucht.

Und ich bemühe mich, verstärkt Kontakt mit meinen Freunden aufrecht zu erhalten, die ich gerade mehr brauche, denn je, denn irgendwo muss ich meinen Dampf ablassen.

Und nun ist mein Sohn dran, der mir etwas vorlesen möchte. Meine Pause ist vorbei. 


Montag, 13. Juni 2016

Chances of repartnering after relationship breakdown

Es ist Montag, 4.40 Uhr und ich bin wach. Noch. Und ich werde es auch bleiben. Spätestens, wenn die Vögel anfangen zu zwitschern, komme ich an den Punkt, an dem mir klar wird, dass die Nacht gelaufen ist. Und es ist die zweite Nacht dieser Art innerhalb von nicht einmal zwei Wochen - kein gutes Zeichen.

Unter das Gezwitscher der Vögel mischt sich der Regen draußen und das leise Geschnarche meines Sohnes drinnen. Ich hatte ja gehofft, er würde diese Nacht mir mein Bett mal allein überlassen; immerhin ist er in seinem Zimmer eingeschlafen. Aber just in dem Moment, als ich mich hineinschlich, bevor ich schlafen gehen wollte, war er scheinbar gerade aufgewacht und ergriff die Gelegenheit beim Schopf, gleich überzusiedeln.

Was genau mir den Schlaf raubt, kann ich nicht sagen. Es wird wohl einiges zusammenkommen. In den letzten Wochen ist viel passiert. Das wiederum verursacht wohl auch die Anhänglichkeit meines Sohnes.

Ich habe ja schon darüber erzählt, welche Gedanken zu meiner Masterarbeit geführt haben. Vor zwei Jahren habe ich angefangen, darüber nachzudenken und aktuell schreibe ich an meinem theoretischen Hintergrund.

Da geht es ganz viel um Belastung - Belastungen alleinerziehender Mütter, welche vor allem aus einer Art Teufelskreis aus Armutsrisiko, sozialer Isolation, Arbeitslosigkeit oder -überlastung und den Folgen einer Scheidung - wirtschaftlich und sozial in Form von Konflikten - resultieren. Dann geht es um das erhöhte Risiko psychischer und körperlicher Folgen. Um die Notwendigkeit von Unterstützung und um das riesengroße Unterstützungspotential von Partnerschaften - allgemein, auch ohne Belastung, aber erst recht in großen Belastungssituationen. Und dann um die Perspektiven von Alleinerziehenden in Punkto neue Partnerschaft.

Ganz ehrlich - wenn ich gewusst hätte, was da auf mich zukommt, hätte ich das Thema nicht gewählt. In den ersten Jahren meiner Zeit allein mit Kind ging es mir zwar nicht gut, aber ich habe nicht zugelassen, dass es mich komplett runterzog. Ich habe einfach die Ärmel hochgekrempelt und gekämpft. Ich habe mich einfach geweigert, mich als Alleinerziehende zu akzeptieren. Alleinerziehend, das war ein Begriff, sonst nichts. Was mich getragen hat, war der unmittelbar nach meinem Auszug entstandene Plan, es beruflich so richtig krachen zu lassen und eine hammermäßig fette wissenschaftliche Karriere hinzulegen. Na gut, so richtig wird das mit Mitte/Ende dreißig nichts mehr mit der fetten Karriere. Aber irgendwie würde ich uns schon zumindest aus der finanziellen Misere herausmanövrieren, sodass wir wenigstens ein drittes Zimmer haben könnten und mal in Urlaub fahren. Ich wollte nie, nie mehr in die Situation kommen, wirtschaftlich abhängig zu sein, wenn ich es mal aus der Abhängigkeit herausgeschafft hätte. Ich wollte Sorge tragen, dass ich es notfalls immer ohne Partner schaffen würde, meinem Kind beste Voraussetzungen zu schaffen, ihm ein Vorbild sein und ein bisschen was von der Welt zeigen. Diese Phantasie hat mich über die ersten Jahre hinweg gerettet. Sonja wird die Superheldin und ein neuer Partner würde sowieso nur das i-Tüpfelchen - vermutlich hat das auch dafür gesorgt, dass mein Bild von Partnerschaft erst mal ganz schön schräg war und erst mal gerade gebogen werden musste.

Meine Motivation, mich in die Arbeit zu stürzen, dabei für meinen Sohn alles zu sein und die Bedürfnisse meiner Seele hinten an zu stellen haben mich nach zwei Jahren zum ersten Mal zusammenklappen lassen. Ich habe es in fast sechs Jahren immer noch nicht geschafft, mich um meinen total verkorksten Rücken zu kümmern und diese verfluchten 10, 15 Kilo loszuwerden, die mich einfach total ankeksen. Aber es hilft ja nichts. Augen zu und durch.

Die Folgen dieser langen Zeit alleine formen auch die Identität und die Voraussetzungen, mit denen man, wenn überhaupt, in neue Beziehungen hineingeht.

Ich habe nämlich mittlerweile auch die Erfahrung gemacht, dass man genau als das wahrgenommen wird: Als eine bewundernswerte Superfrau, mit der man sich gern umgibt - aber die so richtig ernsthaft als Partnerin nicht infrage kommt, da mein Plan ja die wissenschaftliche Karriere ist.

Wie um alles in der Welt kann man das eigentlich richtig machen? Auf dem "Markt" da draußen will sich immer jeder alle Möglichkeiten schön warm halten und sich ja nicht entscheiden müssen; möglichst lange die Chance haben, etwas besseres zu finden oder erst tausendprozentig sicher sein, dass nichts besseres mehr kommt.

Als Frau Ende 30 mit Kind ist man in den seltensten Fällen die beste Alternative. Es gibt meist jüngere, attraktivere und vor allem kinderlose Frauen - das zeigt leider auch die Statistik, wie ich mir in den letzten Tagen gehäuft reinziehen musste. "Chances of repartnering after relationship breakdown" und so. Frauen mit Kinder haben ein Problem und mit zunehmendem Alter sinken die Chancen.

Als vernünftige (endlich!) Frau weiß man sowas auch ohne sich das von empirischen Arbeiten unter die Nase reiben zu lassen. Und was macht man? Richtig. Wenn man alle Felle davonschwimmen sieht, bringt man zumindest sein eigenes kleines Schäfchen unter maximalem Kraftaufwand ins Trockene, wobei man jeden Tag Opfer bringt. Warum man das tut, verdrängt man natürlich! Man macht aus der Not eine Tugend und erfreut sich an seiner Arbeit und seinen Erfolgen und sagt sich, dass das Ziel es wert ist. Und schon hat man einen Ausweg aus dem Karasek-Modell, das besagt, dass bei hohen Anforderungen mit wenig Spielraum nichts Gutes dabei herauskommt, aber hohe Anforderungen und viel Spielraum pushen - und indem man sich sagt, man will es, hat man nicht nur mehr Spielraum, man hat ein ganzes Entwicklungs-Spielfeld, auf dem man sich austoben kann und ganz nebenbei die Perspektive: Bessere Qualifikation, bessere Chancen zu überleben.

Ich sage nicht, dass ich das ungern tue. Mir macht es tatsächlich Spaß. Aber es steht nicht über allem.

Und ich behaupte nun, dass das der Killerfaktor sein kann, der die Chancen für eine neue Partnerschaft noch zusätzlich reduziert. Ich sage bewusst nicht, dass es unmöglich wird, ich rede natürlich auch nur von Statistik, wie immer.

Trotzdem arbeitet es in mir und ich frage mich, wie man es als Frau in meiner Lage überhaupt "richtig" machen kann? Wobei ich nicht der Typ bin, der überhaupt versucht, etwas richtig zu machen. Ich kann nicht mehr, als mein Leben so führen, wie die Umstände es verlangen und versuchen, es auch alleine hinzukriegen, für den Fall, dass ich nicht das unheimlich große Glück habe, jemanden zu finden, der da mitgeht und den Rucksack auf meinem Rücken sieht. Er muss ihn mir nicht abnehmen, er muss ihn  nur wahrnehmen und verstehen, was er bedeutet. Und gut finden, dass ich ihn tragen kann. Und dann vielleicht ein bisschen was von dem Gewicht nach und nach zusammen mit mir herausnehmen, bis er leichter wird und ich damit tanzen kann.